Gesunde Erwachsene schlucken bis zu 2000 Mal am Tag. Bei diesem komplexen Vorgang ist ein harmonisches Zusammenspiel von vielen Muskelgruppen, sowie Hirn- und Rückenmarksnerven nötig, um Nahrung und Flüssigkeiten sicher in den Magen transportieren zu können. Ist dieser Vorgang gestört, kann eine Dysphagie die Folge sein. Dabei handelt es sich um eine ernstzunehmende Störung beim Schlucken.
Ohne adäquate Behandlung wird die Lebensqualität der Betroffenen eingeschränkt und kann im schlimmsten Fall lebensbedrohliche Folgen haben. Doch spezielle Übungen, eine angepasste Ernährung, verschiedene Hilfsmittel oder bei Bedarf chirurgische Eingriffe, ermöglichen Betroffenen sicheres Schlucken und ein nahezu normales Leben zu führen.
Erfahren Sie jetzt alles Wichtige über Dysphagie, von der Definition über Symptome bis hin zur Diagnose und Therapie.
Was ist Dysphagie?
Dysphagie wird in der Medizin als Oberbegriff für eine Schluckstörung genutzt, die aufgrund verschiedener Ursachen besteht. Die Erkrankung wird in vier Stufen unterteilt und kann im schlimmsten Fall lebensgefährlich sein.
Grundlegend wird zwischen zwei Arten entschieden. Zum einen werden Schluckstörungen im Mund- und Rachenraum als oropharyngeale Dysphagie bezeichnet. Zum anderen werden Schluckstörungen im Bereich der Speiseröhre der ösophagealen Dysphagie zugeordnet.
Wichtige Differenzierung: Schluckbeschwerden oder Schluckstörung?
Schluckbeschwerden treten meist nur für einen relativ kurzen Zeitraum auf. Sie entstehen im Zusammenhang mit Infekten, wie beispielsweise Mandelentzündungen, die Schmerzen beim Schlucken verursachen. Hier wird der Schluckvorgang jedoch nur minimal eingeschränkt und kann trotz Schmerzen ausgeführt werden.
Im Gegensatz zu einer ernstzunehmenden Störung kann diese in der Regel mit einfachen Mitteln und in kurzer Zeit geheilt werden. Eine Schluckstörung hingegen hindert die Betroffenen am schlucken und stellt eine ernstzunehmende Gefahr durch eine versehentliche Aspiration dar.
Dysphagie-Stufen 1 bis 4 kurz erklärt:
Stufe 1 | Stufe 2 | Stufe 3 | Stufe 4 |
Die schwerste Form der Dysphagie. Das Risiko, dass Nahrung in die Atemwege gelangt ist hoch. | Eine mittlere Form der Dysphagie. Das Risiko, dass Nahrung in die Atemwege gelangt ist moderat. | Eine leichte Form der Dysphagie. Das Risiko, dass Nahrung in die Atemwege gelangt ist gering. | Es liegt keine oder eine sehr leichte Dysphagie vor. Das Risiko, dass Nahrung in die Atemwege gelangt besteht nahezu nicht. |
Ursachen von Schluckstörungen: Wie kommt es zu einer Dysphagie?
Neurologische Erkrankungen, strukturelle Ursachen oder psychosomatische Erkrankungen: Die Ursachen einer Dysphagie sind sehr vielschichtig. Daher ist eine genaue Diagnostik extrem wichtig, um dem Patienten eine entsprechende Behandlung bieten zu können. Denn eine individuelle Therapie wird bei Patienten mit einer Demenz völlig anders gestaltet als bei Betroffenen mit Multiple Sklerose oder beim Vorliegen struktureller Ursachen.
Eine Übersicht möglicher Ursachen:
Neurologische Erkrankungen | Strukturelle Ursachen | Muskel- und Koordinationsstörungen |
Schlaganfall | Strukturveränderungen der Mundhöhle | Störung der Körpermotorik |
Demenz | Strukturveränderungen des Rachens | |
Parkinson | Strukturveränderungen des Kehlkopfes | |
Multiple Sklerose (MS) | Strukturveränderungen der Schilddrüse | |
Schädel-Hirn-Trauma | Strukturveränderungen der Speiseröhre | |
ALS (Amytrophe Lateralsklerose) |
Symptome von Schluckstörungen
Das Krankheitsbild einer Dysphagie ist sehr komplex. Folgende Symptome können auf eine Schluckstörung hinweisen. Um eine Dysphagie abzuklären, ist in jedem Fall die Diagnose eines Arztes notwendig.
Eine Übersicht möglicher Symptome:
- Schwierigkeiten beim Schlucken von festen oder flüssigen Nahrungsmitteln
- Andauernde Schmerzen im Hals- und Brustbereich
- Husten oder Würgen während des Essens oder Trinkens
- Gewichtsverlust und Mangelernährung
- Wiederkehrende Lungenentzündungen
- Aspiration: Nahrungsmittel werden versehentlich eingeatmet
- Verweigerung der Nahrungsaufnahme
- Schluckreflex ist verzögert
- Zerkleinerung oder Kauen von Nahrung ist problematisch

Diagnose von Schluckstörungen
Erste Adresse ist der Hausarzt bzw. behandelnde Arzt, welcher die Schluckstörung diagnostiziert oder an einen Spezialisten verweist. Hierfür ist eine ausführliche Anamnese notwendig, um die Auslöser sowie die Schwere der Dysphagie zu bestimmen. Wichtige Informationen sind der Zeitpunkt des ersten Auftretens, Vorerkrankungen und die Häufigkeit der Schluckbeschwerden. Wenn Vorerkrankungen bestehen, sollten Unterlagen hierzu mitgenommen werden, um einen eventuellen Zusammenhang zu klären.
Möglichkeiten zur Diagnose von Dysphagie:
- Anamnese und klinische Untersuchung
- Spiegelung des Rachenraums, des Kehlkopfes oder der Speiseröhre und des Magens
- Darstellung des Passageweges der Nahrung anhand eines Röntgenbreischlucks
- Videofluoroskopie: Röntgenuntersuchung des Schluckakts
- Endoskopische Untersuchungen: flexibles oder starres Endoskop
- bei fehlender körperlicher Ursache: psychosomatische Abklärung
Behandlungsmöglichkeiten bei Schluckstörungen
Ziel einer erfolgreichen Behandlung ist das Lindern der Beschwerden und eine Verhinderung des Verschluckens. Je nach Ursache und Schwere der Schluckstörungen gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Behandlung. Die Maßnahmen sind immer individuell für den Patienten abzustimmen.
Grundsätzlich ist folgendes Maßnahmenspektrum denkbar:
- Logopädische Therapie und Schluckübungen
- Ernährungsanpassungen und Veränderungen der Konsistenz von Nahrungsmitteln (Dysphagie-Kost)
- Medikamentöse Therapie
- Interventionelle Verfahren und chirurgische Eingriffe (z.B. Entfernung von Tumoren oder Fremdkörpern)
- Muskel- und Haltungsübungen
- psychosomatische Mitbetreuung bei psychosomatischen Schluckstörungen

Schluckstörungen im Alltag: Tipps zur Bewältigung
Essen und Trinken ist für uns Menschen mehr als eine reine Nahrungsaufnahme. Schluckstörungen schränken die Lebensqualität der Betroffenen teils immens ein und verderben die Freude am Essen. Doch dank Hilfsmitteln und Tipps für das vereinfachte Essen und Trinken, wird den Patienten ein Stück Sicherheit geschenkt.
Sichere Ernährung: Tipps für das Essen und Trinken
Ab einem Schweregrad der Stufe 3 kann das Andicken von Getränken notwendig sein, um eine sichere Nahrungsaufnahme zu gewährleisten. Spezielle Andickungsmittel sorgen dafür, dass Flüssigkeiten die richtige Konsistenz erhalten und leicht geschluckt werden können. Eine sichere Ernährung ist dadurch möglich und einer Gewichtsabnahme und Mangelernährung wird vorgebeugt.
Hilfsmittel und Techniken zur Unterstützung des Schluckvorgangs
Sofern die orale Nahrungsaufnahme möglich ist, erleichtern verschiedene Hilfsmittel die Aufnahme von Essen und Trinken. Dank spezieller Dysphagie-Löffel ist das Schlucken auch mit einem Löffel im Mund möglich. Trinkbecher mit einem Nasenausschnitt ersparen dem Betroffenen den Kopf beim Trinken nach hinten legen zu müssen.
Auswahl an Hilfsmitteln für Dysphagie-Patienten:
- Spezielle Dysphagie-Löffel
- Trinkbecher mit Nasenausschnitt
- Trinkdeckel für Gläser und Tassen
- Strohhalme mit Rückflussstopp
Unterstützung für Angehörige von Personen mit Schluckstörungen
Sie möchten einen Angehörigen unterstützen, der mit Schluckstörungen zu kämpfen hat? Seelischer Beistand ist für viele Betroffene sehr wichtig, um einen guten Umgang mit dieser Einschränkung zu finden. Zeigen Sie Verständnis für die Situation und die damit einhergehenden Herausforderungen. Sich von Nahestehenden verstanden zu fühlen, kann ein erster Schritt zur Akzeptanz sein.
Helfen Sie z.B. dabei, die korrekte Kopf- und Körperhaltung einzunehmen, motivieren Sie den Betroffenen die Muskelübungen regelmäßig durchzuführen oder die spezielle Nahrung zuzubereiten. Bei einem Schweregrad der Stufe 3 wird Patienten, je nach individueller Ausprägung, z.B. breiförmiges Essen, angedickte Getränke oder Sondennahrung empfohlen.
Angehörigengruppen und Selbsthilfeorganisationen
Vor allem zu Beginn einer auftretenden Dysphagie kann dies für pflegende oder unterstützende Angehörige überwältigend sein. Hilfe erhalten sie bei Angehörigengruppen und Selbsthilfeorganisationen. Sie geben Tipps zur Unterstützung und ermöglichen einen Austausch zwischen Angehörigen.
Quellen für weitere Recherchen zum Thema:
Deutsche Gesellschaft für Neurologie (https://www.dgn.org/)
World Gastroenterology Organisation (https://www.worldgastroenterology.org/